Fairer Handel

Fairer Handel

Was ist Fairer Handel?

"Fairer Handel ist eine Handelspartnerschaft, die auf Dialog, Transparenz und Respekt beruht und nach mehr Gerechtigkeit im internationalen Handel strebt. Durch bessere Handelsbedingungen und die Sicherung sozialer Rechte für benachteiligte Produzenten und Arbeiter - insbesondere in den Ländern des Südens - leistet der Faire Handel einen Beitrag zu nachhaltiger Entwicklung.

Fair-Handels-Organisationen engagieren sich - gemeinsam mit den Verbrauchern - für die Unterstützung der Produzenten, die Bewusstseinsbildung sowie die Kampagnenarbeit zur Veränderung der Regeln und der Praxis des konventionellen Welthandels."

Definition der internationalen Dachorganisationen FLO, EFTA,WFTO, NEWS

 

Die Visionen des Fairen Handels

  • Gerechtigkeit und nachhaltige Entwicklung
  • Menschenwürdiges Leben und Arbeiten
  • Selbstbestimmung statt Hilfe
  • Konsumentenmacht für Veränderung

Quelle: Weltläden in Hessen e.V.

 

"Wenn ihr uns gerechte Preise zahlt, könnt ihr eure Almosen behalten!"

Dom Helder Camara, brasilianischer Bischof

 

Fairtrade-Mythen

Die 10 bekanntesten Irrtümer über Fairtrade im Faktencheck

Quelle: fairtrade-deutschland.de 

 

Kein Regenwald für Tierfutter

Was hat unser Fleischkonsum mit dem Regenwald zu tun?

Laut Statistik verzehrt jede/r Deutsche zwischen 60 und 90 kg (es gibt unterschiedliche Zahlen) Fleischwaren pro Jahr, aber ein beträchtlicher Teil davon wird exportiert.  Es verließen lt. Statistischem Bundesamt rund 8,2 Millionen Tonnen Fleisch die gewerblichen Schlachthäuser, was gut 100.000 Tonnen oder 1,3 Prozent mehr als im Vorjahr waren. Den größten Anteil hatte die Produktionssteigerung von Hühnerfleisch. Sie betrug auf das Gewicht bezogen 6,7 Prozent (971.000 Tonnen, im Vergleich zu 910.000 Tonnen im Vorjahr). Deutschland werden pro Jahr ca. 800 Millionen Tiere geschlachtet. Alleine zur PHW/Wiesenhof-Gruppe gehören circa 700 Aufzuchtbetriebe, 8 Schlachtereien und 5 Brütereien in ganz Deutschland. Pro Woche schlachtet die PHW-Gruppe rund 4,5 Millionen Hühner. Zusätzlich ist sie einer der führenden Anbieterinnen von Tierfutter und Impfstoffen für Tiere. Die Hühner werden in Megaställen unter Missachtung von Tierwohl und Tierschutz gehalten mit dem Ergebnis, dass 1 Kilogramm Wiesenhof-Hähnchen im Supermarkt zu Euro 2,99 verkauft wird. Ein Discounter bietet unter "Meine Metzgerei" Hähnchenschenkel sogar zum Kilopreis von Euro 1,81 und noch tiefer zu Euro 1,38 an. Übrigens, die Flügel, Hälse u.a. was wir hier nicht so mögen, wird vorwiegend in westafrikanische Länder exportiert, subventioniert von der EU, mit dem Ergebnis dass die dortigen Geflügelzüchter nicht mehr konkurrenzfähig sind und aufgeben müssen. Die Alternative ist, abwandern in die Mega-Städte oder versuchen nach Europa zu kommen.

Diese riesige Fleischmenge wird in Schnellmast erzeugt - Hühner ca. 30 Tage, Schweine ca. 6 Monate. Unsere Hühner, Puten, Schweine und Rinder werden mit Soja gemästet, damit sie rasch Fleisch ansetzen, sehr viel Milch geben oder Unmengen Eier legen. Abgesehen davon, dass die Qualität des so erzeugten Fleisches usw. nicht die beste ist, benötigt man dafür eiweißreiches Kraftfutter. Dieses wird nicht in Europa erzeugt, sondern wird vor allem aus Südamerika bezogen. Die EU importiert jährlich zwischen 30 und 35 Millionen Tonnen Sojabohnen und Sojaschrot, zumeist von genetisch veränderten Pflanzen (GV-Soja) womit die Tiere in den Groß-Mastbetrieben gefüttert werden. Welche Auswirkungen GV-Soja auf die Gesundheit von Mensch und Tier hat, ist noch lange nicht erforscht.

Jedoch die negativen Auswirkungen in den Anbauländern sind bereits heute unübersehbar: Riesige Flächen Regenwald und Savanne werden vernichtet und in Soja-Monokulturen umgewandelt. Die indigene Bevölkerung und die Kleinbauern, die keine Landtitel besitzen, werden vertrieben und unzählige Tier- und Pflanzenarten verlieren ihren Lebensraum. Die genmanipulierten Monokulturen werden mit giftigen Pestiziden vom Flugzeug aus besprüht ohne auf die verbliebenen Einwohner in den Dörfern und Städtchen Rücksicht zu nehmen. Krebserkrankungen und Missbildungen bei Neugeborenen sind die Folgen und mittlerweile beschäftigen sich Gerichte damit. Doch die Sojalobby ist mächtig und gut vernetzt, ist doch der derzeitige Landwirtschaftsminister in Brasilien einer der größten Anbauer von Sojabohnen.

Brasilien ist mit fast 34 Millionen Hektar (ca. 340.000 Quadratkilometer) das Hauptanbauland von Soja in Südamerika, gefolgt von Argentinien 20 Mio. Hektar, Paraguay 3 Mio. Hektar, Bolivien und Uruguay zusammen auch 3 Mio. Hektar. Das ergibt insgesamt eine Fläche von ca. 60 Millionen Hektar Land, davon mehr als die Hälfte in Brasilien - auf einer Fläche fast so groß wie Deutschland. Etwa 90 % sind genetisch verändertes Soja (GV-Soja) produziert und patentiert von einigen Groß-Konzernen.

Es stellt sich die Frage: ist der derzeitige Fleischkonsum unter diesen Rahmenbedingungen überhaupt ethisch noch vertretbar? Diese Frage muss mit NEIN beantwortet werden, denn auch in den Fleisch-Produktionsländern wie z.B. Deutschland, einer der größten Exporteure von Schweinefleisch, sind die negativen Begleiterscheinungen enorm, was mittlerweile sogar der Bauernverband einsieht. Die Groß-Mastanlagen produzieren Unmengen von Gülle und Ammoniak und Gestank, die zur Verunreinigung und Überdüngung von Böden, Fließgewässern und des Grundwassers führen. Längerfristig betrachtet ist diese Art von Agrarindustrie weder nachhaltig noch zukunftsfähig, denn auch der Energieeinsatz ist gewaltig.

Fazit: Wir müssen raus aus der Massentierhaltung und den hohen Fleischkonsum beenden. "Wir haben es satt" - wir brauchen eine andere Landwirtschaft".

Quelle: Rettet den Regenwald, Internet und BUND, Grafik: https://www.abenteuer-regenwald.de

 

Fördern statt knechten – Welttag gegen Kinderarbeit

Anlässlich des 25. Jubiläums der ILO-Norm gegen die schlimmsten Formen der Kinderarbeit hat Fair Trade-Pionierin GEPA auf die Bedeutung von Schulbildung etwa für Kinder von Kakaobauernfamilien aufmerksam gemacht. Zum Welttag gegen Kinderarbeit am 12. Juni 2024 zeigt das Fair Handelsunternehmen am Beispiel seiner Partnergenossenschaften COOPROAGRO (Dominikanische Republik) und CECAQ-11 (São Tomé), wie Fairer Handel die Perspektiven von Familien und Kindern verbessern kann. Die Realität sieht vielerorts anders aus. Weltweit arbeiten 160 Millionen Kinder, allein 1,5 Millionen im Kakao-Anbau in Westafrika – oft unter sklavenähnlichen Bedingungen, wie auch die WDR-Doku „Die Story“ im März 2024 aufgezeigt hat. Dabei erließ die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) als Sonderorganisation der Vereinten Nationen schon am 12. Juni vor 25 Jahren die Kernarbeitsnorm 182 „Übereinkommen über das Verbot und unverzügliche Maßnahmen zur Beseitigung der schlimmsten Formen der Kinderarbeit.“ Erst kürzlich hatte die WDR-Doku „Die Story“ die GEPA-Partnergenossenschaft COOPROAGRO (Dominikanische Republik) als positives Gegenbeispiel etwa zur Situation in der Elfenbeinküste vorgestellt.

Fair konsumieren, Risiken minimieren

„Wir haben es alle in der Hand, das Risiko ausbeuterischer Kinderarbeit zu senken“, sagt GEPA-Geschäftsführer Peter Schaumberger. „Fair kostet nicht die Welt, kann aber die Welt verändern. Zum Beispiel ist ein Schokoriegel in bio und fair oft nicht teurer als ein vergleichbares Qualitätsprodukt ohne diese beiden Zusatznutzen.“ Auch die Wirtschaft sieht er in der Pflicht: „Industrie und Handel müssen Verantwortung übernehmen, Risiken identifizieren und minimieren – ganz im Sinne des europäischen Lieferkettengesetzes.  Höhere Rohkakao-Preise für die Menschen am Anfang der Lieferkette sind nötig – und das sollte es uns allen, Handel, Politik und Verbrauchern, wert sein.“

Mit 8.000 bis 12.000 US-Dollar pro Tonne Kakao erreicht die Börse aktuell nie gekannte Höhen aufgrund von Ernteeinbrüchen und Spekulationen. Steigt der Weltmarktpreis über Fairtrade-Mindestpreis, zahlt die GEPA nach Fairtrade-Kriterien auf den Weltmarktpreis noch Fairtrade- und Bio-Prämien. Der langjährige Börsen-Durchschnittspreis lag bis 2023 noch bei unter 3.000 US-Dollar pro Tonne. Deshalb hatte die GEPA im Sommer 2021 einen eigenen Mindestpreis von mindestens 3.500 US-Dollar bzw. 3.100 Euro für westafrikanische Länder, für die der Euro als Leitwährung gilt, eingeführt. Darin sind 240 US-Dollar Fairtrade- und 300 US-Dollar Bio-Prämie enthalten.

Recht auf Bildung: Damit Karriereträume wahr werden

Was Fairer Handel bei COOPROAGRO für Kinder und Jugendliche bedeutet, zeigt die 16-jährige Arianny, Tochter des Kakaobauern José Arismendy Holguin. Sie besucht die Oberstufe und träumt davon, Wirtschaft zu studieren. Ihr 17-jähriger Cousin Dawil möchte Arzt werden. „Sie sollen studieren“, sagt sein Vater William Holguin. „Das kann man ihnen nicht nehmen“. Durch die höheren Einnahmen über die GEPA und den Fairen Handel konnte die Kooperative vor ein paar Jahren eine Schule um ein Gebäude und einen Sportplatz erweitern. Francisco Soto, Kaufmännischer Leiter von COOPROAGRO, hebt in der WDR-Doku die Bedeutung von Bildung hervor: „Unsere Mitglieder wissen, wie wichtig Bildung für das zukünftige Wohlergehen der Familie ist.“

Alda Duarte (CECAQ-11, São Tomé): „Schule ist das Beste für die Kinder“.

Auch die Kakaogenossenschaft CECAQ-11 (São Tomé), neben COOPROAGRO wichtigster Bio-Kakao-Lieferant der GEPA, bietet Kindern und Jugendlichen über den Fairen Handel Bildungschancen. Alda Duarte ist Kakaobäuerin und verkauft ihre Bohnen ausschließlich an CECAQ-11. Durch dieses Geld können sie und ihr Mann den Lebensunterhalt für die Familie verdienen und ihrer 14-jährigen Tochter Lucinda eine Schulbildung ermöglichen. „In die Schule zu gehen ist das Beste für die Kinder“, sagt Alda.

Kindergarten als Investition in die Zukunft

Bei CECAQ-11 werden schon die Kleinsten gefördert. Denn aus den Geldern des Fairen Handels der GEPA konnte in der Gemeinde Quimpo ein gut ausgestatteter Kindergarten für Kinder bis fünf Jahren eingerichtet werden – auch für Kinder von Mitgliedern der Gemeinde, die kein eigenes Land besitzen. Leiterin Solange wird von CECAQ-11 bezahlt – so profitieren nicht nur Kakaobauern vom Fairen Handel: „Ich bin sehr froh, hier mein täglich Brot zu verdienen, die Arbeit mit den Kindern macht mir sehr viel Spaß!“

Maßnahmen zur Vermeidung ausbeuterischer Kinderarbeit

Der Faire Handel setzt mit verschiedenen Instrumenten an, Kinderarbeit unnötig zu machen. Dazu gehören die Zahlung von fairen Preisen bzw. Löhnen für die arbeitenden Eltern und langfristige, gesicherte Handelsbeziehungen. Auch das Sensibilisieren der Produzenten hinsichtlich einer gesunden Entwicklung ihrer Kinder ist wichtiger Bestandteil im Fairen Handel. Die Ermöglichung des Schulbesuchs, häufig über die Fairtrade-Prämie mitfinanziert, ist ein weiterer wichtiger Aspekt. Passend zum Europäischen Lieferkettengesetz erstellt die GEPA darüber hinaus Risiko-Analysen: So soll die Gefahr von Menschenrechtsverletzungen wie ausbeuterische Kinderarbeit entlang der Lieferkette minimiert werden.

Als Fair Trade-Pionierin steht die GEPA seit 49 Jahren für Transparenz und Glaubwürdigkeit ihrer Arbeit. Wir handeln als größte europäische Fair Handelsorganisation mit Genossenschaften und sozial engagierten Privatbetrieben aus Lateinamerika, Afrika, Asien und Europa. Durch faire Preise und langfristige Handelsbeziehungen haben die Partner mehr Planungssicherheit. Hinter der GEPA stehen MISEREOR, Brot für die Welt, die Arbeitsgemeinschaft der Evangelischen Jugend in Deutschland (aej), der Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) und das Kindermissionswerk „Die Sternsinger“. Für ihre Verdienste um den Fairen Handel und die Nachhaltigkeit ist die GEPA vielfach ausgezeichnet worden, u. a. beim Deutschen Nachhaltigkeitspreis mit TOP3 in der Kategorie „Unternehmenspartnerschaften 2020“ für die langjährige Zusammenarbeit mit dem Teepartner Tea Promoters India und mit dem „CSR-Preis der Bundesregierung 2020“ in der Kategorie „Verantwortungsvolles Lieferkettenmanagement“ sowie Ende 2023 mit dem German SDG-Award Kategorie „Unternehmen“. Als eines von wenigen Unternehmen in Deutschland hat sich die GEPA nach dem Garantiesystem der WFTO prüfen lassen.

Pressemitteilung GEPA, 10.06.2024

 

Rückblick Fairer Handel

  • 1959 Gründung von S.O.S (Handel ab 1967)
  • 1969 erster Weltladen in Breukelen/Niederlande
  • 1970er in Deutschland "Hungermärsche" (politisierte Bewegung – Informationsarbeit und Verkauf von Waren)
  • 1973 erster "richtiger" Weltladen in Stuttgart
  • 1973 "Indio-Kaffee"
  • 1975 Gründung GEPA
  • 1977 Gründung El Puente
  • 1978 Aktion "Jute statt Plastik"
  • 1980 Nicaragua Kaffee
  • 1986 Gründung BanaFair e.V.
  • 1988 Gründung WeltPartner
  • 1992 Gründung TransFair e.V.  - Ziel: Ausweitung des Fairen Handels über den "konventionellen" Handel
  • 2014: ca. 800 Weltläden in Deutschland

Quelle: Weltladen-Dachverband/Weltladen Akademie, Mainz, https://www.weltladen.de/fuer-weltlaeden/akademie